01.12.2023
Wir müssen kreativ sein, um die Klimaauswirkungen unserer Rechenzentren zu bekämpfen.
Am 6. Dezember wird unser globaler Nachhaltigkeitsdirektor, Adam Mactavish, im Rahmen der COP28 eine Podiumsdiskussion zum Thema „Wie können wir die Klimabelastung unserer Rechenzentren reduzieren?“ moderieren. Im Vorfeld der Debatte teilt er seine Gedanken dazu mit uns.
Rechenzentren und Datenübertragung verbrauchen bereits über 2 % des weltweiten Stroms und sind für 1 % der globalen CO₂-Emissionen verantwortlich. Diese Werte werden sich bis 2030 voraussichtlich verdoppeln, wodurch der Sektor hinsichtlich seiner Klimawirkung mit anderen bedeutenden Verursachern wie der Luftfahrt gleichzieht.
Rechenzentren haben nicht nur einen enormen Energiebedarf, sie wandeln fast die gesamte Energie in Wärme um. Dieser Energieüberschuss beträgt rund 130 Terawattstunden pro Jahr – genug, um etwa 9 Millionen Haushalte zu beheizen. Doch üblicherweise wird diese Wärme einfach in die Atmosphäre abgegeben. Das ist nicht nur Verschwendung, sondern kann auch den städtischen Wärmeinseleffekt – oder Hitzeinseln – verstärken oder sogar verursachen.
Es besteht eine enorme Chance, diese Wärme für lokale Gemeinschaften zu nutzen und sie beim Übergang zu CO₂-armen Heizquellen zu unterstützen. Da Rechenzentren auf extreme Ausfallsicherheit ausgelegt sind, eignet sich dieses Modell zudem hervorragend zur Wärmeversorgung kritischer Infrastrukturen.
Das Potenzial dieses Ansatzes zeigt sich bereits im Bauprojekt Old Oak Common und Park Royal in London, England. Dort soll die von vier Rechenzentren erzeugte Abwärme aufgefangen und zur Beheizung von zwei Krankenhäusern und rund 9.000 Wohnungen genutzt werden.
Warum investieren nicht mehr Rechenzentrumsbetreiber in Wärmerückgewinnungsmaßnahmen?
Wie bei jeder Neuerung oder Veränderung ist es oft schwierig, den richtigen Einstieg zu finden. Wärmerückgewinnungsverfahren erfordern eine sorgfältige Planung und hohe Vorabinvestitionen. Rechenzentrumsbetreiber müssen mit Energieversorgungsunternehmen zusammenarbeiten und die Logistik sowie die erwarteten Ergebnisse klären. Sie müssen außerdem die genauen Projektkosten ermitteln und ein geeignetes Finanzierungsmodell festlegen – gegebenenfalls eine Mischung aus öffentlichen und privaten Investitionen.
Hier erweist es sich als äußerst wertvoll, Spezialisten mit branchenübergreifender Expertise hinzuzuziehen, die präzise Kostenschätzungen erstellen und einen stichhaltigen Business Case entwickeln können. Dies ist unerlässlich, um Investitionen zu sichern und das Projekt von Anfang an auf die richtige Basis zu stellen, indem alle Beteiligten realistische Erwartungen teilen.
Eine weitere Frage, die sich Rechenzentrumsbetreiber stellen könnten, ist, warum sie solche Projekte überhaupt durchführen sollten.
Aktuell konzentriert sich die Rechenzentrumsbranche stark auf die Messung der Energieeffizienz – also des Verhältnisses von zugeführter Energie zu Energieverbrauch der IT-Ausrüstung. Solange das Rechenzentrum diese Kennzahl erfüllt, gilt es nicht als verschwenderisch. Das Problem dabei ist, dass die Anbieter durch die Fokussierung auf diese Kennzahl außer Acht lassen, dass der größte Teil der verbrauchten Energie in Wärme umgewandelt wird. Diese könnte deutlich sinnvoller genutzt werden.
Wie können wir Veränderungen fördern?
Wie so oft sind branchenweite Maßnahmen erforderlich: von politischen Entscheidungsträgern, Regulierungsbehörden, Fachleuten aus dem Bauwesen und Kunden. Alle müssen Rechenzentrumsbetreiber dazu anregen, ihre Projekte im Kontext zu betrachten und Möglichkeiten zur Maximierung des Nutzens ihrer Aktivitäten zu prüfen.
Regulierung könnte unterstützen durch:
- Verpflichtung zur Berichterstattung über umfassendere Kennzahlen, einschließlich Energierückgewinnungsfaktor, grauer Kohlenstofffaktor oder erneuerbarer Energiefaktor.
- Die Rolle von Rechenzentren in städtischen Energie- und Wärmestrategien neu überdenken. Sie positiv in strategische Pläne einbinden, um diese Einrichtungen an Standorten zu fördern, an denen sie einen breiteren Nutzen bringen können, beispielsweise in Stadtzentren.
Mein Rat an Rechenzentrumsbetreiber lautet, ihren Blick auf Nachhaltigkeit für diese kritischen Einrichtungen zu erweitern. Insbesondere sollten sie überlegen, wie kreative Lösungen diese Projekte von einer Belastung in der Energieversorgung zu einer wertvollen Quelle zuverlässiger, CO₂-armer Wärme transformieren können. Die Auseinandersetzung mit diesem Thema wird immer wichtiger, da die CO₂-Bilanz von Rechenzentren stetig wächst. Kunden aller Art, insbesondere aber solche, die zur Offenlegung ihrer CO₂-Emissionen verpflichtet sind, werden bei der Auswahl von Anbietern verstärkt auf die CO₂-Bilanz ihrer Cloud-Dienste achten.
Die Entwicklung neuer, praktikabler und wirtschaftlich tragfähiger Ansätze wird nicht einfach sein. Doch mit der Unterstützung der richtigen Experten aus Wirtschaft, Technik und Branche ist sie möglich. Ich freue mich darauf, auf der COP28 an einer Expertenrunde teilzunehmen und die Herausforderungen und Chancen für die Rechenzentrumsbranche weiter zu erörtern.
Die Podiumsdiskussion zum Thema „Das Nervensystem der Welt“ findet um 11 Uhr GST im Dar Pavilion - Green Zone, Energy Transition Hub statt.
Adam wird begleitet von Richard Palmer, Direktor für globale Nachhaltigkeit bei Introba, Dan Epstein, Direktor für Nachhaltigkeit beim Useful Simple Trust und der Old Oak Park Royal Development Corporation (OPDC) sowie Mark Wartenberg, Nachhaltigkeitsdirektor bei Currie & Brown, Portland.